„Jakobswege ~ der Anfang“ so habe ich diese Tour betitelt. Und jetzt fragst du dich: WARUM? Ist das der Anfang eines Weges? Oder ist das der Anfang einer Pilgertour? Mich haben die Jakobswege schon seit langem fasziniert, aber geschafft habe ich es bis gestern noch nicht, irgendeinen Weg zu pilgern. Ich hatte schon länger den Pilgerpass, den Credencial del peregrino, und die Jakobsmuschel zu hause gehabt, aber losgegangen – nee! Doch ich las mal dazu, wenn man erst einmal Pass und Muschel zu hause hat, dann muss der Start nicht mehr lange warten.

Und so war es! Heute morgen habe ich mich um viertel vor sieben in den Bus gesetzt, bin nach Paderborn gefahren, um von dort mit dem Zug nach Höxter zu gelangen. Am Bahnhof ausgestiegen musste ich erst noch gut zwanzig Minuten gehen, bis ich in Corvey, dem Schloss und Kloster in Höxter, ankam. Das Wetter war zu dem Zeitpunkt noch genau so trist, wie es auf dem leeren Klostergelände aussah. Und die Anmeldung war auch (noch?) geschlossen. Klar, unsere derzeitige Pandemie hat viel dazu beigetragen (nicht zum Wetter). Also startete ich hier vor dem Schlossgelände meine allererste Jakobspilgertour. Woaw! Und ich freute mich immer wieder das Symbol des Pilgerweges zu finden und sehen.

Da fallen mir doch gerade Janosch und der kleine Bär mit dem kleinen Tiger ein. Wie du sicherlich weißt, ging der Bär immer Angeln, während der kleine Tiger Pilze finden ging. Wohlgemerkt finden! Und nicht suchen! So ist es – glaube ich – beim Pilgern auf den Jakobswegen. Ich suche nicht, sondern ich finde. Ich bin nicht aktiv und unter Druck. Ich bin vielmehr der Suchende, der etwas annimmt, was ihm geschenkt wird. Also weiter!

Da die Kasse am Eingang zum Kloster wie gesagt geschlossen hatte, hielt ich natürlich bei der Kiliankirche in Höxter „bewusst“ inne. Ich brauchte ja einen Stempel! Nein! Vielmehr, ich wollte gerne einen Stempel vom Start der Pilgertour haben! Und so konnte ich ein wenig Stolz mit dem ersten Stempel im Pilgerpass weiter pilgern, um später auf den Heiligenberg aufsteigen zu können.

Dreizehn Stationen mit Glaubenszeugen für unsere Zeit begleiteten mich auf diesem Stück des Weges nach oben zum Heiligenberg. Der Pilger, also ich zum Beispiel, kann so durch das Verweilen in den Gedankenpausen Kraft für Leib, Geist und Seele tanken, wie ich auf der Infotafel zu Beginn des Weges lesen konnte. Glaubenszeugen, wie der Hl. Vitus oder der Einsiedler Antonius begleiteten mich ebenso wie der allseits bekannten Nikolaus von Myra oder Glaubenszeugen aus der jüngsten Vergangenheit – wie Don Bosco, Mutter Teresa, oder Dietrich Bonhoeffer. Und oben angekommen erhielt ich ein super Aussicht geschenkt.

Die Michaeliskapelle auf dem Heiligenberg ist der Abschluss der dreizehn Stationen mit Glaubenszeugen. Nach einem steilen Anstieg bin ich dort angekommen. Wenn man bedenkt, dass diese Kapelle in der Vergangenheit drei Gemeinden als Gotteshaus diente und die Gläubigen dann diesen Weg bergauf gehen mussten, dann wird mir bewusst, dass sich die Menschen zu damaliger Zeit noch nicht an die hochtechnisierten Fortbewegungsmittel gewöhnen konnten. Dann wird mir bewusst, wie sehr wir uns heute in die Abhängigkeit begeben haben.

Und so folgte ich der gelben Jakobsmuschel, die mich den ganzen Weg sehr gut geführt hat, vom Berg herab ins Tal nach Ovenhausen. Die gute Ausschilderung des Weges lies mich voll und ganz auf diesen konzentrieren. Vom Ovenhausen aus ging es (natürlich) wieder bergauf in die Natur. Gerade das junge Grün des Maimonats lies die Freude und das Glück in mir wachsen. Von Bärlauch bedeckter Waldboden strahlte durch den Wald. Und die Vögel gaben die Musik dazu. Licht und Musik, Farbe und Klang!

Die Natur, die Aussichten waren auf den gesamten 23,6 Kilometern eine Wucht. Ich habe dies immer wieder genossen ~ angehalten, geschaut, aufgenommen. Und so bin ich auch die gesamte Strecke gepilgert. Ich hatte hier meinen gut gefüllt Rucksack mitgenommen und konnte ihn auf dem Weg doch etwas leeren.

Und noch etwas konnte ich beim Pilgern spüren: Der Weg gibt dir nicht das, was du willst, sondern das, was du brauchst! So wie dieses Jakobsweg-Zitat es beschreibt so erhielt ich – um mit den Verantwortlichen des Weges mit den Glaubenszeugen zu sprechen – Kraft für Leib, Geist und Seele. Auch wenn der Aufstieg zum Heiligenberg doch etwas mehr Kraft erforderte.

Ich freue mich riesig auf die nächsten Etappen meines Jakobswegs, um dann doch irgendwann einmal, vielleicht nach 2.687 km, in Santiago de Compostela anzukommen. Ich schrieb auf dieser Webseite bisher immer über meinem Plan, von Norddeutschland über Perl und Frankreich nach Santiago de Compostela zu pilgern. Mein Anfang des Pilgerns heute und die Erfahrungen wecken in mir das Bedürfnis, diesen Weg jetzt auch weiter zu pilgern. Von Corvey nach Dortmund, von Dortmund nach Köln, von Köln nach Trier, von Trier nach Perl. Mal schauen, auf welchen Wegen ich an Westküste Spaniens ankomme.

Buen camino!

(Mit einem Klick auf die nachfolgenden Fotos kannst du dir die Tour bei Komoot ansehen.)